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Ausbildung Kampfkunst Bonsaitrainer
- 9. Mai 2010
- Gepostet von: Patrick
- Kategorie: Kürten Much Steinenbrück Wahlscheid
SHOSHIN-PROJEKT – FORTBILDUNG FÜR KINDER- UND JUGENDTRAINER
Ende letzten Jahres hatten wir vom Vereinsvorstand beschlossen, unseren Kinder- und Jugendtrainern ein kleines Dankeschön für ihre engagierte Tätigkeit zukommen zu lassen. Unser sportlicher Leiter hatte als kleines Geschenk für jeden Trainer ein Buch mit dem Titel “Bonsai-Kampfkunst” besorgt. Da mich das Thema auch interessierte, legte auch ich mir das Buch zu – und bekam rund 150 Seiten voll mit zahlreichen wertvollen und anschaulichen Tipps und Anregungen! Einige Wochen später erhielt ich eine E-Mail, die wohl an alle Karatevereine des DJKB verschickt worden war: Das Karate-Dojo Shunjinko Hänigsen richtete ein Seminar mit dem Titel Bonsai-Kampfkunst aus – Moderatoren waren die Autoren des gleichnamigen Buches Heero Miketta und Patrick Ehrmann. Da gab es für mich kein Zögern – sofort meldete ich mich an!
Im von meinem Heimatort Münster rund 220 km entfernten Ort Uetze-Hänigsen bei Hannover fanden sich insgesamt 15 Kampfkünstler ein, hauptsächlich Karateka, aber auch Trainer aus dem Bereich Judo und Jiu-Jiutsu. Heero und Patrick arbeiten ganz bewusst stil- und verbandsoffen.
Zunächst gab es eine theoretische Einführung in den Bereich der Methodik und Didaktik. Heero vermittelte uns seine Lehrmeinung: vom Spielerischen zur Technik und von dort aus immer wieder zurück zum Spiel. Wichtig dabei: Bilder schaffen, einen Sinn vermitteln! Kann man einem Erwachsenen eine Technik schlicht durch eine Ansage wie: “Wir schlagen dem (vorgestellten) Gegner vor das Kinn.” erklären, so ist diese Anweisung im Kinderbereich vermutlich nicht angemessen und zu “brutal”. Heero geht daher hier den Weg über die taktile Bewegungsvermittlung. Hier gab es interessante Partnerübungen, die vom einfachen Tsuki bis zum Mae-Geri mit Ausweichen und zu-Boden-werfen ausgeführt wurden. Patrick hingegen hatte einen ganz anderen Ansatz: Er vermittelt Techniken gerne mit Hilfe von Geschichten und Bildern. So wurde uns zum Erlernen des Age-Uke die Geschichte eines Wunschbaums erzählt, von dem wir uns Hands, Gameboys und andere Sachen pflücken konnten. Für Uchi-Uke oder Gedan-Barai galt es, uns imaginäre Spinnen oder Nacktschnecken vom Körper zu reißen. Die Aufgabe von uns Teilnehmern wird es in den nächsten Wochen nun wohl sein, festzustellen, ob zu uns eher das Geschichtenerzählen passt oder der taktile Ansatz – oder vielleicht finden wir noch einen ganz anderen Weg? Wichtig ist hier wohl, dass man nicht auf Biegen und Brechen versucht, eine Methode zu übernehmen, die nicht zu einem passt.
Ein Thema, das speziell Heero am Herzen lag, war Gewalt. Bei einem Seminar zum Thema Kinder- und Jugendtraining kommen einem als Teilnehmer in diesem Zusammenhang natürlich zunächst Begriffe wie Gewaltprävention, Selbstbehauptung oder Selbstverteidigung in den Sinn. Heeros Ansatz war aber viel tiefgründiger und so diskutierten wir – durchaus kontrovers- zunächst den Begriff Gewalt an sich: Was ist Gewalt? Gibt es verschiedene Formen? Ist Gewalt immer negativ? Heeros Meinung: Gewalt ist alles, was seelisch weh tut. Demnach kann es durchaus – z. B. bei einer freundschaftlichen Rauferei oder auch im Karatetraining – einmal blaue Flecke oder auch mehr geben, ohne dass man diese Verletzung einander übel nimmt und als Gewalt bezeichnet. Andererseits kann jemand einem anderen auch seelisch weh tun, ohne dass eine äußerliche Verletzung erkennbar ist – man denke an das Thema Mobbing, das ja durchaus Gewalt-Charakter hat. Interessant war hier Heeros linguistische Sprachbrücke aus dem Englischen. Hier gibt es für Gewalt zwei Ausdrücke: violence für destruktive Gewalt und force für Gewalt im Sinne von Kraft und Energie. Verletzungen also, die nicht immer Gewalt bedeuten und Gewalt, die keine unmittelbare körperliche Verletzung zur Folge haben muss. Vielleicht musste so mancher Teilnehmer stutzen, als die Diskussionsrunde zu dem Schluss kam, dass Gewalt nicht immer vermeidbar ist und nicht immer negativ. Was ist z. B. mit der Staatsgewalt, die gegen Verbrechen eingesetzt werden muss? Oder Gewalt im Sinne von Grenzen oder Strafen bei der Erziehung von Kindern daheim oder in der Schule? Letztlich kamen wir alle zu dem Schluss, dass Gewalt nicht ganz zu vermeiden und Karate daher eine gute und wichtige Art ist, den kontrollierten Umgang mit Gewalt zu erlernen und zu üben.
Wir selber bekamen dann im Rahmen des Spiels “Die Halle brennt” zu spüren, wie schnell man auch als “vernünftiger, erwachsener Mensch” schon bei einem harmlosen Spiel, bei dem es um nichts geht, einer negativen Stresssituation ausgesetzt ist, die es zu lösen galt. Wir spürten alle bald, was Heero mit seiner Definition von Gewalt meinte – einige von uns spürten Frust, Wut oder Enttäuschung, weil sich andere nicht kooperativ verhielten (ohne jedoch gegen Regeln zu verstoßen). Hier kannten unsere Coaches kein Pardon: Keiner verlässt die Halle, bevor wir nicht als Gruppe unser Problem gelöst hatten.
Bei der Fülle an Tipps und Informationen war es wohl kein Wunder, dass am Ende des Tages doch die Zeit knapp wurde! Dennoch ließ es sich Patrick nicht nehmen, uns noch eine Menge wertvoller Hinweise zu geben: Wie bleiben Vereinskinder und -jugendliche zufrieden? Wie gehe ich mit den Eltern der Karate-Kids um? Wie kann ich den Kinder- und Jugendbereich ausbauen? Auf dem Heimweg purzelten mir die vielen Anregungen gepaart mit neuen eigenen Ideen durch den Kopf.
Fazit: ein tolles Seminar von der ersten bis zur letzten Minute
Prädikat: besonders wertvoll!
Quelle: http://andreahaeusler.blogspot.com/
Autorin: Andrea Häusler, erschienen am 9.Mail.2010